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Schweizer vs. Albaner

Von Zef Ahmeti

Einführung

Ich hatte die Möglichkeit, an drei verschiedenen europäischen Universitäten (Graz, St.Gallen, Hagen) zu studieren. Erst als ich die deutschsprachige Literatur über die albanische Kultur und Geschichte zu lesen begann, stellte ich mir die Frage: Wer bin ich? Passe ich zu der Beschreibung, die in diesen Büchern geboten wird? Früher, bevor ich im Ausland lebte, habe ich mir wirklich keine Gedanken über solche Fragen gemacht. Viele von diesen Büchern haben mich veranlasst, meine Identität kritisch zu betrachten. Die überwiegende Mehrheit dieser Beschreibungen hat mich dazu bewogen, kritisch zu hinterfragen, worüber diese verschiedenen Autoren eigentlich reden? Ich selber, als Mensch mit albanisch geprägter Identität, hatte das dort Gesagte bisher gar nicht gekannt. Kultur wird häufig als die versteckte und vergessene Dimension des menschlichen Verhaltens bezeichnet.
Dass wir eine Kultur haben, bemerken wir erst dann, wenn unsere Umgangsformen verletzt werden, beispielsweise wenn wir mit Menschen aus anderen Kulturkreisen in Kontakt treten und deren Verhalten als fremd oder sogar bizarr wahrnehmen. Ein alter Landsmann sagte mir einmal, dass seine Kinder „die albanische Kultur“ verlören. Ich fragte ihn, was er unter Kultur verstehe bzw. welche Kultur er eigentlich meine?

Er sprach über etwas, womit ich mich überhaupt nicht identifizieren konnte. Viele Albaner wollen z.B. vom albanischen Gewohnheitsrecht nichts hören. Dieses gehöre ins Museum der Vergangenheit, lautet deren Begründung.

Bei Urteilen hinsichtlich der (angeblichen) Eigenschaften einer sozialen Gruppe oder der Angehörigen eines Landes oder Kultur nennen wir kulturelle Stereotypen. In kulturellen Stereotypen zu denken, ist gleich aus mehreren Gründen gefährlich: Sie überlagern oder verdecken mögliche Unterschiede zwischen Einzelpersonen; häufig beruhen Stereotypen nicht auf eigenen Erfahrungen; Stereotypen geben uns die falsche Gewissheit, etwas über die typischen Eigenschaften von Angehörigen anderer Kulturen zu wissen. Man kann sich aber bekanntlich aus stereotypem Denken nicht einfach lösen, sondern neigt häufig dazu, es sogar als normal zu akzeptieren. Dennoch müssen kulturelle Unterschiede keine unüberwindbare Hürde darstellen. Eine kreative Nutzung ermöglicht es, sie in Potenzial umzuwandeln.